Lateinamerika gegen den Malestream? Geschlechterdemokratie unter der Lupe
Angestellt, bezahlt und trotzdem arm
Lateinamerikanischer Arbeitsmarkt trifft feministische Ökonomie
Immer mehr Frauen konnten in den letzten 30 Jahren auf den Arbeitsmärkten Lateinamerikas Fuß fassen. Im Verhältnis zu Männern sind sie jedoch immer noch deutlich unterrepräsentiert. Vor allem in den letzten 10 Jahren ist die weibliche Beschäftigungsrate trotz hoher ökonomischer Wachstumsraten nicht mehr gestiegen. Der Rohstoffboom hat zwar die Staatskassen gefüllt. Die Armut insgesamt, aber auch die soziale Ungleichheit konnten verringert werden. Frauen haben davon jedoch weniger profitiert.
Noch immer haben Männer die besseren Stellen, das höhere Gehalt und weniger mit Armut zu kämpfen. Überproportional arm bleiben weiblich geführte Haushalte. Die Hälfte der arbeitenden Frauen ist informell beschäftigt, viele im Niedriglohnbereich unter prekären Bedingungen. Aufstiegschancen, Arbeitsplatzsicherheit, Zugang zu Sozialversicherung: oft Fehlanzeige. Die ungleiche Bezahlung/Einkommenskluft bleibt erheblich: 2010 verdiente eine Lateinamerikanerin 22 Prozent weniger als ein Mann in der gleichen Position. Unter Berücksichtigung ethnischer, altersspezifischer oder regionaler Merkmale werden wiederum die Ungleichheiten unter Frauen deutlich: Eine weiße Frau im mittleren Alter in der Stadt ist nicht nur ökonomisch besser gestellt, sie genießt auch bessere Bildung und Gesundheitsversorgung.
Bislang konzentrieren sich Arbeitsmarktpolitiken, die die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern reduzieren möchten, vor allem auf die Förderung von Kleinunternehmerinnen und Kleinstunternehmerinnen und weniger auf die Qualität der Beschäftigungsverhältnisse der Frauen. Die Wirksamkeit dieser Ansätze ist noch weitgehend unerforscht. Ebenso fehlen häufig belastbare Informationen über die Auswirkungen der in vielen Ländern deutlich verbesserten Sozialprogramme auf die Geschlechterverhältnisse.
Feministische Ökonominnen blenden – anders als die Mainstream-Ökonomie – Arbeitsteilung und Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern nicht aus. Sie analysieren die strukturellen Ursachen für die Benachteiligung von Frauen in Arbeitsmarktpolitiken, Institutionen und der Trennung von Produktion und Sorgearbeit. Auf der Veranstaltung erläutern die Referentinnen Errungenschaften und Grenzen der gestiegenen Einbindung der Frauen in den Arbeitssektor in Argentinien und Ecuador. Sie diskutieren, welche Politiken notwendig wären um mehr ökonomische Unabhängigkeit und damit mehr gesellschaftliche Teilhabe zu fördern.
Mit:
- Alison Vásconez, UN Women, Ecuador
- Norma Sanchís, CIEDUR, Argentinien
Moderation: Birgit Mahnkopf, Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin
Veranstaltungsort:
GLS Gemeinschaftsbank, Schumannstraße 10, 10117 Berlin
Information:
Julia Ziesche,
Projektbearbeitung,
Heinrich-Böll-Stiftung
E-Mail ziesche@boell.de
Telefon +49(0)285 34 -327
Eine Anmeldung ist nicht notwendig.
Foto: Hausangestellte in São Paulo. Foto: Emilio Sá. This image is licensed under Creative Commons License.